Die Schibulskis

13 August 2013

Das Kartoffelkomplott

Es gibt Tage, das sind Festtage. So ein Tag ist, wenn es in meiner alten Heimat Kohlrouladen gibt. Das ist wirklich was ganz besonderes.

Früher gab es immer reichlich von allen. Soße, Kohlrouladen, Kartoffeln - alles war in opulenten Mengen vorhanden. Niemand mußte sich beschweren.



Heute ist alles ein wenig anders. Das liegt zu großen Teilen natürlich daran, das meine Eltern mittlerweile allein zu hause leben und man mit zunehmenden Alter anscheinend nicht mehr so viel essen muß.

Eine alte Familientradition besagte, das zu Kohlrouladen Kartoffeln im Verhältnis 1:3 gereicht werden mußte. Da gab es nichts dran zu rütteln. Das war seit dreißig Jahren so.

BIS JETZT! 

 

Das letzte Mal schwammen ganze drei Kartoffeln in dem riesigen Soßesee. Einsam und verlassen zogen sie ihre Umlaufbahnen um die Kohlroulade, bis sie so voller Gravitationssoßenflüssigkeit waren, das sie traurig in der braunen Brühe versanken. 

Selbst mein vorwurfsvoller Blick über den Tisch hinweg schien keinen zu interessieren.

An einem Tag denkt man, es ist alles in Ordnung und nichts wird sich ändern und schon am nächsten Morgen reißt dir die Wirklichkeit ein Loch in den Kopf, steckt einen Strohhalm in die graue Grütze und saugt einem unerbittlich die Tradition aus den Gehirnwindungen.


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